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Türchen 11

Chanukka

Heute beschäftigen wir uns mal (aus der Laienperspektive sozusagen) mit der Frage, welches Fest unsere jüdischen Mitmenschen gerade feiern - Stichwort: Chanukka. (Oder Hanukka. Oder einer der anderen zahlreichen Schreibweisen, die es für dieses Fest gibt.)

Man hört ja gerne mal die Aussage, Chanukka sei sozusagen „eine Art jüdisches Weihnachtsfest“, aber stimmt das überhaupt?

Der jüdische Kalender

Fangen wir mal mit dem Termin an - da wird's direkt schon spannend!
WANN Chanukka eigentlich ist, hat nämlich reichlich wenig mit dem (heutzutage in den meisten Ländern verwendeten) gregorianischen Kalender zu tun, sondern richtet sich nach dem sehr viel älteren jüdischen Kalender. Dieser ist ein wenig kompliziert, wenn man ihn nicht gewohnt ist, weswegen wir für unsere heutige Fragestellung ein paar Vereinfachungen vornehmen und feststellen: Die Monate sind abwechselnd 29 oder 30 Tage lang, ein normales Jahr hat davon 12, da dann aber zum vollen Sonnenjahr stets rund 11 Tage fehlen und sich daher mit der Zeit alles komplett verschieben würde, gibt es grob alle 3 Jahre einen extra Schaltmonat. Das betreffende Jahr hat dann also 13 Monate.
Nun ist definiert, dass Chanukka am 25. des Monats Kislew beginnt und 8 Tage dauert. Der Beginn dieses Monats bewegt sich in etwa zwischen Anfang November und Anfang Dezember, je nachdem, was für ein Jahr gerade ist. Und daraus folgt, Chanukka beginnt irgendwann zwischen Anfang Dezember und Anfang Januar. Und das bedeutet, es kann in die Vorweihnachtszeit fallen, Weihnachten treffen, oder auch kurz nach Weihnachten erst stattfinden, wenn ich mich nicht verrechnet habe…
Dieses Jahr ist es nun der 8. bis 15. Dezember.
Heißt das nun, es ging am Freitagmorgen los? Nein, denn da gibt es noch eine Sache: Im traditionellen jüdischen Kalender geht ein Tag nicht von Mitternacht bis Mitternacht, sondern von Abend bis Abend. Eigentlich hat er auch keine fest definierte Länge, sondern bemisst sich in Abhängigkeit vom Sonnenlauf - aber es gibt da zum Glück ein „vereinfachtes Zeitmaß“, das 18 Uhr als Tagesbeginn definiert. Damit wollen wir uns für unsere Zwecke begnügen und stellen also fest: Der Beginn der Festlichkeit war in diesem Jahr am Abend des 7. Dezember, und am 15. Dezember geht schon wieder alles vorbei.

Der Makkabäeraufstand

Nächste Frage: WAS wird denn eigentlich gefeiert?
Nun, jedenfalls schon mal nicht die Geburt eines gewissen Jesus von Nazareth. Um genau zu sein, gar keine Geburt von irgendwem. Vielmehr geht es um ein die Wiedereinweihung des Tempels von Jerusalem im Jahre 164 v. Chr. (oder vielmehr dem jüdischen Jahr 3597) und ein in diesem Zusammenhang überliefertes Wunder. Damals, so die Geschichte, gelang es im Rahmen des Makkabäeraufstandes nämlich, den Tempel von den Seleukiden quasi zurückzuerobern. Diese hatten zwischenzeitlich allerdings einen Zeus-Altar darin errichtet, was mit einer Entweihung einherging und eine Wiedereinweihung erforderlich machte. Nun war da allerdings noch ein Problem: Im Tempel gab es zwar noch den vermutlich den meisten bekannten siebenarmigen Leuchter, die Menorah, der mit geweihtem Öl betrieben wurde, und der eigentlich nie verlöschen darf. Durch die Wirrungen des Aufstandes, der Kämpfe etc. war aber bei der Rückeroberung des Tempels nur noch ein einziger Krug selbigen geweihten Öls auffindbar. Normalerweise gerade mal ein Tagesbedarf. Und das Procedere zum Weihen neuen Öls ist offensichtlich nicht ganz unaufwändig - es dauert nämlich 8 Tage. Wir sehen hier ein gewisses mathematisches Problem… Und an dieser Stelle greift nun das Wunder ein - denn dieser einzige noch vorhandene Krug Öl hat gereicht, dass die Menorah nicht verloschen ist, bevor Nachschub hergestellt werden konnte. Eben ganze 8 Tage lang. Und um diese Ereignisse geht es bei Chanukka. Was auch erklärt, wieso es eben ein 8-tägiges Fest ist.

Die Chanukkia

Ein mit Lego Elementen nachgebauter Chanukkia mit 9 Kerzen. Die mittlere Kerze, Schamasch genannt, und die vier rechten Kerzen sind angezündet.
Eine mit Lego Elementen nachgebauten Chanukkia

Aber damit haben wir auch eine nette Überleitung zum WIE des Feierns - zumindest was den Kern betrifft.
Denn im Zentrum des Ganzen steht erneut ein spezieller Leuchter, die Chanukkia. Dieser hat nicht wie eine Menorah sieben, sondern acht bzw. neun Arme / Kerzen / Öllämpchen. Eine Flamme für jeden der acht Chanukka-Tage und eine neunte, die „Schamasch“ genannt wird, was so etwas wie „Diener“ bedeutet.
Immer abends versammelt man sich also, um zunächst selbigen Schamasch anzuzünden und dann mit diesem (nicht mit irgendetwas anderem) am ersten Tag eine, am zweiten Tag zwei und so weiter der eigentlichen Flammen anzuzünden. Es ist wohl recht üblich, dies von rechts nach links zu tun und auch an jedem neuen Tag die jeweils neu hinzukommende Kerze zuerst anzuzünden. Also, zuerst nach dem Schamasch natürlich, weil man den dazu ja braucht… Dazu gibt es Segenssprüche und Gebete, will heißen, das ist ein recht ausgefeiltes Ritual und nicht einfach nur ein „viele Lichter anzünden“. Und der gesamte Ritus hat sich über die Zeit auch durchaus etwas verändert. Die Details würden hier jetzt jeglichen Rahmen sprengen (und wenn sich jemand wirklich dafür interessiert, gibt es definitiv bessere Ansprechpartner und außerdem sehr viel darüber zu lesen) aber für einen einigermaßen brauchbaren Überblick könnte das so vielleicht auch reichen.
Okay, viele Lichter anzünden - das könnte einem jetzt tatsächlich irgendwie bekannt vorkommen…

Zeit der Freude

Sodenn, kommen wir noch zum „Und sonst so, außer Kerzen?“
Auch hier gilt zum einen, dass sich verschiedene Sitten und Gebräuche über die Zeit gewandelt haben, und sicherlich ist es auch so, dass die einzelnen Familien da nochmal ihre ganz speziellen Traditionen haben. So als groben Grundsatz kann man wohl ansehen, dass es eine Zeit der Freude ist, in der man zusammenkommt und feiert. Mit gutem Essen, mit kleinen Geschenken für die Kinder (auch wenn traditionell eher andere jüdische Feste mit Geschenken verbunden sind), mit Spielen und Liedern und allem Drum und Dran.

Fazit

Chanukka ist kein „jüdisches Weihnachtsfest“. Es ist eine ganz eigene Tradition, die völlig andere Inhalte und Hintergründe hat, und die wohl eher zufällig terminlich in die grobe Umgebung von Weihnachten fällt.

ABER

Was beide Feste gemeinsam haben, ist, dass sie zu den Hochfesten der jeweiligen Religion gehören, und dass sie eine Zeit der Freude und Besinnlichkeit sind, in der man sich mit Familie und Freunden trifft, gemeinsam feiert, mit gutem Essen, (mal mehr und mal weniger exakt definiert) vielen Lichtern, frohen Liedern, kleinen Geschenken, und allem, was dazugehört.
Und dass sie beide im der „dunklen Jahreszeit“ liegen, was die Sache mit den vielen Lichtern nochmal in ein ganz anderes Licht rückt…

In diesem Sinne:

Unseren jüdischen Mitmenschen ein „Channukah sameach!“ oder einfach „Frohes Fest!“ - mögen wir alle zur gegebenen Zeit mit unseren Lieben zusammen die Feste feiern, die wir feiern wollen. Hauptsache alle haben Spaß und wir alle gemeinsam „Rutschen gut rüber“ ins neue Jahr! (Was sich übrigens vom jüdischen Neujahrsfest „Rosch Haschana“ ableitet, aber das ist eine andere Geschichte…)

Quellen / zum Weiterlesen

Disclaimer

Dieser Text entstand aus den Bemühungen eines nichtjüdischen Menschen, sich mal einen groben Überblick zu verschaffen, was es mit dem Ganzen Thema eigentlich auf sich hat.
Die wichtigsten Erkenntnisse neben dem oben Geschriebenen sind, dass es einerseits ein wirklich interessantes Thema ist (alleine das „Kalenderwesen“ füllt nicht nur einen langen Wikipedia-Artikel, sondern ganze Bücher!), im dem man sich endlos vergraben könnte und am Ende doch immer nur einen Teil verstehen wird. Andererseits aber auch, dass es sich nicht um „verborgenes Geheimwissen“ oder so etwas handelt - man kann relativ schnell und einfach mehr Material finden, als man in Tagen oder Wochen lesen kann. Man muss es nur tun…
Last but not least: Ja, es wurde an vielen Stellen vereinfacht. Hoffentlich nicht zu sehr. In jedem Falle sind sämtliche möglicherweise betretene Fettnäpfchen bitte dem mangelnden Wissen des Verfassers und nicht irgendeiner Art von Böswilligkeit zuzurechnen.

Hinter diesem Türchen steckt Pestratte. Vielen Dank für die Recherche!